Enduro's Ulrich

frisch aus dem Ei gepellt

Heute, am großen Tag der amerikanischen Unabhängigkeit, dem 4. Juli 2020, bin ich auf die Welt gekommen. Um 10.00 Uhr hat unser Landwirt nochmal nach meiner Mama gekuckt, da war noch nichts los und um 12.00 Uhr mittags, als die Chefkuh kam, da war ich schon trocken. Naja, meine Mama, die Hanna, weiß schon wie das geht. Nachgeburt hat sie auch gleich aufgeräumt, das geht so schnell, das kriegen die Zweibeiner gar nicht mit. Mein Papa ist der Enduro, sein Sperma hat man in einem alten Besamungskübel entdeckt, ein hübscher Bulle war er trotzdem. Ich bin also kräftig rot und hab ein paar weiße Spritzer mitgekriegt.

wenn ich die 4 Beine weit auseinander stelle, ist die Sache mit dem Stehen schon einfacher

Alle nennen mich Ulli, das geht in Ordnung; mein offizieller Name ist doch viel zu umständlich. Das mit dem Aufstehen hab ich gleich ausprobiert. Ich sag Euch, das ist ganz schön schwierig. Die Hanna leckt und knabbert auf Teufel komm raus an mir rum, hinter den Ohren und am Nabel und unter dem Schwanz und die Hedda, meine Tante, die schubst mich immer mit dem Kopf. Ich glaub die mag keine Kälber ...  Wenn ich mich ganz breitbeinig hinstell gelingt das Kunststück noch am Besten. Wacklig, aber ich steh!

also das mit dem Gleichgewicht muß ich noch üben

Im Stroh unserer Box fall ich wenigstens weich, aber auf dem Beton vom Stallgang ist rutschiger und dann zieht es mir immer alle 4 Füsse unter dem Bauch weg. Das gibt eine harte Landung. Die Hanna hat gesagt: "Mach, dann lernst was ...!" Ich probiers immer wieder aber das strengt ganz schön an. Zwischendrin krieg ich eine Milchmahlzeit, das Euter riecht immer beruhigend gut und strahlt eine attraktive Magie aus.

mann, bin ich schon kaputt, und das ist erst der Anfang!

Wenn ich ganz geschafft bin, leg ich mich wieder ein bißchen ins Stroh und döse ein wenig. Die Zeit nutzt die Mama zum Fressen, da geht sie vor die Tür und schaut was sich finden läßt. Ich bin sogar schon mitgegangen, da draußen ist eine ganz andere Welt. Aber im hohen Gras liegen und sich im Schatten verstecken macht Freude, weil da keine Stallfliegen sind, Unsere Stallfliegen beißen, die hab ich dick!

je öfter ich das probier, desto besser krieg ich die Beine zusammen

Schaut mal, das Bild hier ist immer noch vom ersten Tag, aber ich steh schon viel sicherer. Kann die Beine schon unter meinem Körper versammeln, langsam hab ich den Trick raus. Und meine Neugier ist immens, überall muß ich nachschaun, keine Ecke kann ich auslassen. Nur um die Hedda muß ich einen Bogen machen, das hab ich sofort gelernt! Morgen muß ich mal von dem grünen, trockenen, stängligen Zeug probieren, meine Mama frißt das gierig und maulvoll weise. Naja, nach Milch riecht's nicht. Aber irgendwas muß dran sein, so wie sich die Erwachsenen drauf stürzen.

laßt mir erst mal meine Ruhe!

Seid mir nicht böse, aber das war mein erster Tag (eigentlich halber Tag) und ich bin fix und alle! So viel hab ich schon gesehen, so viel gelernt, jetzt schlaf ich eine Runde und meditier ein bißchen und morgen sehen wir weiter ...


Laßt mich mal kurz vom Sonntag Abend erzählen! Im Kalender stand der 18.Oktober 2020. Da legt sich meine Tante, die Hedda, doch glatt unter dem Fressen hin und wirft uns innerhalb einer halben Stunde ein schleimig-glibberiges Etwas vor die Füße. Ich hatte mich schon im Heu eingekuschelt, jawohl, Heu(!) und dann ging der Zirkus richtig los. Leute die dauernd Bilder gemacht haben und versucht haben uns mit Karotten abzulenken. Aber ich hatte das pralle Euter meiner Tante schon entdeckt. Weil sie vor lauter Bauchweh keine Zeit hatte sich um mich zu kümmern hab ich meine Chance genutzt und probiert. Lecker, so wie bei meiner Mutter am Anfang, viel süßer und dicker als das was ich dort jetzt zu nuckeln krieg. Tja, dann kam das schwarze Überraschungspaket zu uns und seitdem ist nichts mehr wie es war. Jede Aufmerksamkeit gilt der kleinen Heidi, keiner kümmert sich mehr um mich. Äh, naja, ein bißchen schon noch. Aber selbst meinen Platz im Heu muß ich jetzt mit dem Gör teilen ... und an meiner Milchbar muß ich sie auch teilhaben lassen. Alles nur weil die Hedda so kitzlig ist, daß die Neue nicht allein dort saufen kann. Das Leben ist ungerecht!

 

gesammelte Bilder: