...und dann sind da noch die Hühner

...und dann sind da noch die Hühner

Vorsicht vor dem bißchen Huhn!

Das ist eine lange Geschichte!

Die alten Hühner hat regelmäßig der Fuchs erwischt, so regelmäßig, daß unser Landwirt die Hühnerhaltung eingestellt hat. Denn nur um den Fuchs und seinen Nachwuchs zu füttern war das Geflügel dann doch nicht gedacht.

Ich erzähle das angelegentlich einem Bekannten und der meint, der Fuchs ginge bei ihm durch den Garten um Nachbar's Hühner zu holen. Seine verschone er, die seien zu agil und schwierig zu fangen. Er schlägt vor mir von seinen Appenzeller Haubenhühnern Bruteier mitzugeben. Gesagt getan und wir finden glücklicher Weise einen Landwirt mit Brutapparat, der uns die Eier fürsorglich ausgebrütet. Im Alter von 3 Wochen teilen wir die Gruppe und ich fahre siegesgewiss mit der einen Hälfte in unseren Stall. Mit viel Liebe und Ideen richten wir den Neuankömmlingen einen kleinen Stall ein. Der wird viel zu schnell viel zu klein und die Baggage ist außerdem immer auf Ausbüchsen gebürstet.

Den alten Hühnerstall wollen wir nicht mehr nutzen, die Umgebung bietet dem Fuchs zu viel Deckung. Also hurtig im Rinderstall einen Verschlag für die Hühner gebaut. Ein alter Küchenschrank und ein paar tote Äste von unseren absterbenden Eschen und schon hat die Gruppe eine Voliere und wir einen Platz zum Bestaunen, Zukucken und Lernen. Die Abende finden vor der Voliere und nicht mehr vorm Fernseher statt. Die Hühner wachsen zum Zuschauen, brauchen den kaputten Stuhl nicht mehr um in das obere Schrankabteil zu kommen, können bald auf die hohen Stangen fliegen. Ihr Selbstbewußtsein und der Radius in dem sie sich bewegen wird exponentiell größer und größer. Plötzlich haben sie Namen: "Esmeralda" ist die erste, von klein an war sie woanders unterwegs als der Rest der Truppe. Später bekommen "Blondie", "Schwarze", "Frechdachs" ihre Namen.

Überraschend schnell werden sie erwachsen. Bei uns mehrt sich das Staunen als sich 3 prachtvolle Hähne herausschälen, also haben wir 8 Hennen. Dann finden wir das erste Ei. Ich bring's den Nachbarn, denn die hatten plötzlich Hühner im Garten, auf der Veranda, vorm Hauseingang. Gott sei Dank sind sie geduldig und freuen sich, genauso wie wir, der Entwicklung der Gruppe zuzusehen. Dann gibt es immer mehr Eier. Wir haben Ostern, das ganze Jahr! Eiersuche überall! Kaum ist ein Nest angelegt, schon ist es nicht mehr gefragt. Eier finden sich im Heuballen, der zum Hufschmied geliefert wurde und im Stroh für die Rinder, Eier finden sich im Futterbarren und draußen unter der Treppe, Eier finden sich im Schubkarren mit den Holzspänen und sogar da wo sie hingehört hätten: in den Nestern im alten Küchenschrank. Manche Eier finden sich gar nicht.

Als die Angriffe von hinten überhand nehmen - nicht einmal Zaun reparieren ist drin ohne sich gegen die Flugsaurier-Nachfahren wehren zu müssen - wird der männliche Anteil der Truppe deutlich verkleinert. Zwei von den Dreien müssen weg. Aber jeder der schon einmal ein nackiges, rundliches Grillhendl vor sich auf der Küchenplatte hat liegen sehen, hätte sich, wie wir, die Augen verwundert gerieben bei dem was da unter dem prächtigen Federkleid zum Vorschein kommt: ein stählerner, durchtrainierter Athleten-Körper. Trainiert hatten sie ja, an uns. Genau so schmecken sie dann auch...

Plötzlich verändert sich das Verhalten von zweien unserer Hühner. Statt nach dem Legen fröhlich gackernd die Tat kund zu tun und das Nest zu verlassen bleiben sie hocken. Immer länger, werden gar bedrängt von ihren Kolleginnen die das Nest auch gern benutzen würden. Ist ja nicht so, daß nicht genug Alternativen im Angebot wären. Wir malen die alten Eier an, damit wir sie von den neu gelegten unterscheiden können und die beiden Damen haben ihre Entscheidung getroffen, beide bleiben hocken und kümmern sich behutsam ums Gelege. Wir kontrollieren jeden Tag das Nest und werden unter Protest geduldet. Hurrah, pünktlich nach 3 Wochen kann man den ersten Riss in einem Ei erkennen. Ich denke das dauert noch, aber kaum 2 Stunden später krabbelt und wuselt es schon unter den Hühnerdamen. Unsere Kücken sind da!

Während die beiden Damen mit Brüten beschäftigt sind, suchen zwei weitere unserer Hennen oben im Schrank nach ähnlich sicheren Plätzen. Auch sie bleiben immer länger auf den Eiern und weil wir jetzt schon Erfahrung haben, malen wir wieder jedem Huhn 2 Eier an, die wir belassen, während alle neuen Eier aus den Nestern entfernt werden. Die 3 Wochen vergehen aber es tut sich nichts. Wir warten darauf daß die beiden Damen auf die Uhr schauen und beschließen genug ist genug, aber nein; sorgfältig wird gedreht und gewendet und weiter bebrütet. Dann explodiert mir eins der mindestens 2 Wochen überfälligen Eier beim täglichen Check in der Hand. Ich räume also das betreffende Nest leer, während das Huhn beim Fressen ist. Ganz leer. Meine Hoffnung? Die Dame stellt das Brüten ein und wird wieder eine "normale" Henne. Weit gefehlt! Am Abend sitzt sie bei ihrer Kollegin mit im Nest und brütet fleißig, zwei Hennen auf 2 Eiern die jeden Moment explodieren können. Wir brauchen Plan B!

Ein Erfolgserlebnis muß her damit die beiden verstehen, genug ist genug. Ich beratschlage mit dem Landwirt der uns seinen Brutapparat ganz am Anfang netterweise zur Verfügung gestellt hat. Er hätte da demnächst schlüpfende Kücken und würde sofort Bescheid geben. Innerhalb der ersten Stunden wäre das Unterlegen der Kücken gar kein Problem. Gesagt, getan. Der Haken an der Sache? Es sind Kücken von Nackthalshühnern, eindeutig zu identifizieren und so grottenhäßlich, daß sie mir auf Anhieb leid tun. Ich verspreche sie alle zurück zu bringen wenn sie größer sind, bekomme 4 Kücken und fahre sie, in ein warmes Handtuch gewickelt, eiligst in unseren Stall. Eier aus dem Nest raus, Kücken rein, abwarten. Eine der beiden Hennen pickt heftig nach dem Nachwuchs, läßt sich von uns auch nicht davon abhalten. Die andere macht sich flach und schafft Platz unter ihren Flügeln. Gut, eine Amme tut es auch. Das zweite Huhn wird erst einmal in ein seitliches Gehege verbannt, damit die 4 neuen Kücken sicher sind. Sie hat uns nie verraten wie sie es gemacht hat, aber am nächsten Morgen sitzt sie wieder bei ihrer Kollegin im Nest und - oh Wunder - hilft bei der Betreuung. So wie es aussieht werden wir die nächste Zeit keinen Eierüberschuss haben, von ursprünglich 7 Hennen legen nur noch 3, und die verteilt über das ganze Gelände.