Victory's Zeno
Nun laßt mich doch endlich auch mal zu Wort kommen!
Ich, der Zeno, bin der kleine Bruder von der Hanna; das meiste hat sie schon erklärt. Ich schick sie gern voraus um eine neue Situation zu erkunden, schließlich ist sie älter. So find ich die Arbeitsteilung ganz brauchbar, spart mir viel Energie. Obwohl ich 5 Tage jünger bin, stehe ich trotzdem meinen Mann: damit man aber nicht merkt daß ich unsicher bin, stell ich mich vorsichtshalber jetzt schon in Breitseite auf, wenn jemand kommt.
Ach, übrigens: das "Victory" in meinem Namen kommt von meinem Vater Victory Lap, der wohnt wie unsere Mama auch in Ohio auf der DCCI-Ranch. Ich finde der schaut ganz schön stark aus! Weil die Hanna und ich Vollgeschwister sind, haben wir die selben Eltern. Wir sind die Marsh Mellow Longhorns, eingetragen im ITLA-Register!
Mit meinen großen, dunklen Kulleraugen paß ich voll ins Kindchenschema und das wird weidlich ausgenutzt! Immer wieder gibt es Streicheleinheiten und Joghurt-Drops wenn die Chefkuh was Neues mit uns probiert, da stell ich mich dann selbstverständlich vorn an. Was das Lernen angeht, wir üben alle fleißig. Stehenbleiben will gelernt sein und ein Halfter anziehen lassen ohne auszuweichen. Nicht schwer zu begreifen, auch wenn es uns erst mal gegen den Strich geht, ist der Chefkuh zu folgen. Was tut man nicht alles für ein Joghurt-Drop. Oder zwei...
Hoffentlich habt Ihr schon das Herz auf meiner Stirn entdeckt, hier zeig ich es Euch nochmal. Passt genau und hat nicht jeder. Die Chefkuh meint sie hätte ihr Herz woanders, weil auf der Stirn hab ich bei ihr noch keins gesehen.
Mittlerweile bin ich mit meiner Schwester zusammen einquartiert, das ist herrlich. Zu zweit fällt uns viel mehr Quatsch ein! Demnächst werden wir ins Zengermoos umziehen, da soll es viel mehr Platz geben. Wir sind schon ganz gespannt.
Ich bin jetzt ein halbes Jahr alt und wenn ich den Charly so anschau, also ich denk da muß ich noch ein ganzes Stück wachsen. Dabei fress ich schon alles in Reichweite. Milchdrops sind abgemeldet, jetzt stehen wir ehr auf Knäckebrot. Und was der CB alles weiß und kann, da ist für mich noch viel Luft nach oben...
Im Herbst 2011 fahren wir nach Kommern ins Freilichtmuseum, zum jährlichen Zugrindertreffen. Was für eine tolle Erfahrung für uns alle. Die erste Nacht übernachten wir in Mückeln beim Eifelkorbmacher, der hat seine Weide für uns freigehalten und hier toben wir uns gerade aus nach der langen Fahrt. Am nächsten Tag nehmen wir im Museum am Umzug teil, wir sind zwar noch zu klein um ein Gerät oder einen Wagen zu ziehen aber wir können schon zeigen wie ein amerikanisches Halsjoch funktioniert.
Auch mit dem Stirnjoch sind wir mittlerweile versiert, damit haben wir angefangen sobald unsere Hörner lang genug waren. In Kurven ist das gar nicht so einfach wie es aussieht...
2011 sind wir das erste Mal beim Leonhardiritt in Wartenberg dabei. Weil wir noch so klein sind ziehen wir nur ein mit gelbsonnigen Blumen geschmücktes Handwagerl. Mei sind da viele Leute da und Pferde erst. Wir laufen vom Hof unseres Mentors bis nach Wartenberg, das sind 8km, dann der Umzug und wieder zurück. So weit sind wir noch nie gelaufen.
Im Winter üben wir Holzrücken. Das ist ganz schön schwierig. Man muß über alles mögliche drübersteigen, das Gleichgewicht halten und dann prasseln die Kommandos nur so auf einen ein. Alle paar Schritte was anderes: Stop, rechts, links, stehenbleiben, zurück, komm... Da muß ich mich schwer konzentrieren. Meiner Schwester geht's genauso, aber zu zweit im Halsjoch haben wir mehr Freiraum als mit dem Stirnjoch.
Im Juni 2012 kriegen wir das neue 6inch-Halsjoch. Unsere Chefkuh hat es - wie alle anderen auch - nach Anleitung aus den USA selber gebaut. Die Schwierigkeit ist trockenes Eschenholz aufzutreiben, denn frisches platzt gern beim Trocknen. Der Rest ist einfach wenn man ein bißchen Geduld aufbringt. Der Eifelkorbmacher hat uns Bögen aus Rattan in allen Größen zukommen lassen, die sind leichter als Holz und brechen nur seltenst. Die Auflage am Hals muß absolut glatt sein damit es nicht reibt und wir nicht wund werden.
Ich probier auch immer aus was andere Zweibeiner machen, wenn ich einen Ausfallschritt auf sie zu mache und mit meinen Hörnern wackle: das ist toll, wenn selbst die stärksten Männer einen Schritt zurückweichen. Ich krieg dann immer einen Rüffel von der Chefkuh und den Männern sagt sie: "Schon verloren bei der Rangordnung!" aber Spaß macht mir das trotzdem. Hab ich vom Charly gelernt.
September 2012: Wir sollen lernen wie von hinten gesteuert wird, oh Mann, ist das schwierig. Allein kann es jeder von uns schon lang, das ist ja einfach; aber zusammen - oh weh ...
Erst hat unsere Chefkuh eine Weile verschiedene Systeme ausprobiert bis wir ihr gesagt haben, wir kriegen vorn in etwa mit was sie hinten will. Dann hat meine schlaue Schwester, die Hanna beschlossen, sie läuft immer nach links zu mir rüber, egal was für ein Kommando kommt; natürlich bin ich Kavalier und geh ihr aus dem Weg; das hat leider zur Folge, daß wir im Gebüsch landen oder mit dem Joch an einem dicken Baum hängenbleiben. Es ist auch ganz schön kompliziert immer drauf achten zu müssen, daß wir auf gleicher Höhe sind - bloß in den Kurven nicht. Aber die Chefkuh gibt nicht auf, sie sagt wir packen das schon - früher oder später.
Wir üben Kleinigkeiten wie ins Wasser gehen und Striegeln; am besten finde ich, wenn mir jemand mitleidsvoll den Hals kratzt, da jucken die verd%$§"&! Stiche der Stallfliege. Ich zeig auch jedem der uns führt wann er nicht aufpaßt, dann geh ich gnadenlos vom Weg ab, dabei ist die Hanna eine große Hilfe! Ich hab sofort heraus wenn der Weidezaun ohne Strom ist, das bessere Gras ist immer auf der anderen Seite. Auch Halfter ausziehen ist keine große Kunst, ich mach mit den Klauenspitzen vom Hinterbein einfach die Schnalle auf; jetzt muß ich nur noch üben, wie ich das doofe Ding wieder anzieh, die Chefin muß sonst immer die ganze Weide danach absuchen. Nein, wo denkt Ihr hin? Selbstverständlich verrate ich ihr nicht wo es liegt! Und abends, wenn es nach Hause geht, muß man schaun daß man möglichst zuerst am Tor ist, dann kann man sich schon mal den Bauch mit Karotten vollschlagen, bevor die anderen kommen!
Holzrücken kann ich auch nochmal üben, jetzt mit dem größeren D.R.G.M.-Joch was uns ein Landwirt freundlicherweise überlassen hat. Der Herr hat das gute Stück in der Sattlerwerkstatt von seinem Vater entdeckt, quasi neu und doch so alt.
Wie jeden November sind wir auch 2012 in Wartenberg zum Leonhardi-Ritt. Diesmal mit unserem grünen Gäuwagerl, das haben wir schon am Tag davor bei unserem Mentor abgestellt und mit Blumen geschmückt. Bei solchen Anlässen ist er immer mit dabei und wir haben alle zusammen viel Spaß!
Bis ich mich umschau ist schon wieder Winter, das geht von Jahr zu Jahr schneller. Ich liebe den Schnee, da kann man so schön drin toben und mit den Hörnern schaufeln. Und es ist herrlich wenn er auf meiner Nase, äh meinem Flotzmaul schmilzt.
Wir müssen nach Freising, da hat's auf dem Weihnachtsmarkt eine lebende Krippe und ich soll der Ochs sein. Ehrlich? Einen besseren Darsteller hätten sie nicht finden können. Die Hanna kann man zu so was nicht brauchen. Weiber! Ganz stolz bin ich auf meinen ersten Auftrag, aber die Schafe treiben mich noch zum Wahnsinn. Da ist so ein kleines schwarzes Wollknäuel, das schubs ich wieder und wieder weg, möglichst schnell, damit die Chefkuh es nicht mitkriegt. Aber was soll ich sagen? Der Kerl kommt immer zurück und frißt mit mein Heu weg...
Dezember 2012: Bin ich fertig, nee so was. Ich soll als Ersatz in der lebenden Krippe in Moosburg den Ochsen spielen, und ausgerechnet da wird die Hanna stierig. So was blödes; die ganze Nacht mit ihr Party gefeiert bis in die Puppen - wir waren beide heute morgen verschwitzt und unsere Box völlig umgeackert - und dann nach Moosburg, die vielen strahlenden Kinderaugen ... ich sag's Euch, ich bin so kaputt, ich hab mich glatt hingelegt zum Schlafen mitten da zwischen der Weihnachtsmusik, dem Esel und all den Leuten.
Ich glaub ich muß mal wieder ein bißchen erzählen. Als ich im Dezember 2013 für eine Fahrt zur Wartenberger Waldweihnacht wie immer in den Anhänger einsteigen wollte bin ich rechts und links mit meinen Hörnern angestoßen und hängen geblieben, da habe ich ziemlich verdutzt geschaut. Das ist 1,65m! Es ist mittlerweile Februar 2014. Das mit Gammelsdorf und der Schlacht letzten Sommer hat Euch die Hanna schon erzählt.
Und noch etwas fürchterliches ist passiert: Vorgestern nacht lag die Hanna mit Bauchweh im Stroh und grad als ich um Hilfe rufen wollte war da plötzlich ein kohlrabenschwarzes, kleines, nasses Etwas. Nachdem man ja nicht wissen kann ob es beißt oder tritt hab ich es vorsichtshalber rumgeschubst. Das hat es nicht wirklich beeindruckt, schlimmer noch, plötzlich geht die Hanna auf mich los. Weiber! Jetzt bin ich ganz durcheinander und geknickt, weil die Zweibeiner haben mich in den Pferdestall ausquartiert, da bin ich ganz allein unter lauter Pferden. Da macht selbst tagsüber trotz Frühlingswetter der Koppelgang keinen Spaß, so ganz allein. Ich hab schon gemuht und gemuht aber irgendwie hilft das diesmal nicht. Das schwarze Etwas ist immer noch da, ich seh es jedesmal wenn ich an der Box vorbei geh. Sie nennen es "Hedda".
Am 1.6.2014 sind wir in Allershausen. Dort ist was geboten weil sie 1200 Jahre Geburtstag feiern. Großes Hallo und Umzug. Wir dürfen den Mistwagen ziehen. Ein bißchen geschummelt haben wir trotzdem, unten drin war Stroh, Mist ist nämlich sauschwer müßt Ihr wissen. Das kleine schwarze Gör haben wir einfach mitgenommen. Weil sie beim Transport nach Allershausen hinter uns quer im Anhänger stand, mußten wir das Mädchen erst mal saubermachen nach der Ankunft. Völlig verschis... konnten wir sie unmöglich am Umzug teilnehmen lassen. Und ja, schmusen geht auch während der Arbeit.
Mittlerweile ist Ende Juni 2014. Das schwarze Etwas hat sich zu einem vorlauten Gör entwickelt. Angst hat die vor nichts, selbst mit mir traut sie sich herumblödeln. Wer hätte das gedacht ... Ihre Mama, die Hanna, nimmt es mir allerdings immer noch übel und wenn ich nicht aufpass rempelt sie mich mächtig an. Die kennt keine Regeln beim Kämpfen und taucht einfach unter meinen Hörnern weg und schiebt mich dann von der Seite. Das steht in keinem Regelbuch so drin. Gemein!
Dafür werde ich grad größer wie sie, hab richtig einen Hals zum Arbeiten und Schieben gekriegt, schaut mal, bin ich nicht hübsch?
Bevor ich drauf vergeß: im Oktober 2014 sollte ich helfen mit dem Vogelschutzbund aus Freising das auf der Burgerwiesn geschnittene Gras/Heu abzufahren. Weil es dort u.a. Lungenenzian hat (und den darauf angewiesenen Ameisenbläuling), wird nur ein mal im Jahr im Herbst das Gras gemäht und von der Fläche abtransportiert. Die Leute haben das bislang alles mit der Hand gemacht, was nicht wenig Arbeit ist, und die Überlegung war, ob ich da helfen könnte. Kann ich, bloß waren wir viel zu spät dran. Bis wir eingetroffen sind, war schon alles fertig und ich konnte nur mit einer letzten Fuhre zeigen, wie ich ihnen helfen würde. Dann hab ich mir mit der Chefkuh zusammen noch die Wiese angesehen, weil es da z.T. tiefe, nasse Stellen gibt wo man nicht stehenbleiben darf, sonst sinkt man ein im Moorboden. Ich hab mir das schon mal für nächstes Jahr gemerkt. Alles umsonst. Durfte doch nicht mehr mitspielen weil sie Sorge um den Boden hatten. Ich würde mit meinen Krautstapfern so Löcher treten. Dabei mach ich mit meinen zarten Ballettbeinen doch höchstens Mikrobiotope.
Dezember 2014 ist es und statt Schnee ist Frühlingswetter. Ziemlich verrückte Jahreszeit aber wir nutzen die sanfte Sonnenwärme und sind unterwegs.
Stomoxis calcitrans, die ordinäre Stallfliege, ist eine rechte Plage. Wir haben einen Tiefstreu-Stall, das ist im Winter wunderbar warm von unten, aber im Sommer können wir uns kaum retten vor lauter Stallfliegen. Von klebenden Fliegenfängern (die überall pappen bleiben, auch an mir, jetzt lacht bitte nicht, weil auch nach der Entfernung des mich umwickelnden, gelben Bandes hatte ich überall Leim) über Raubwespen bis zu hundsordinärem Gift haben wir alles durchprobiert. Und da wo sie beißen, immer an den Füßen und der Vorderbrust, juckt die Haut dann ganz fürchterlich, mal abgesehen davon daß es wehtut wenn sie stechen. Meine Lösung ist einfach: Heu- und Stroh!
Fast ein ganzes Jahr ist schon wieder rum und die Schwalben sind da seit Mitte April 2015. Erst hab ich ihnen zugeschaut, dann haben sie mich auf eine glorreiche Idee gebracht, denn was die können das kann ich schon lang! Flugs hab ich mein eigenes "Schwalbennest" gebaut, sicher positioniert in mindestens 3m Höhe und natürlich viel größer und schöner. Dann hat die Chefkuh mal mit dem Maßband meine Hörner vermessen, das nennt sich Tip-to-tip und bedeutet den direkten Abstand zwischen den beiden Hornspitzen: das sind bei mir zur Zeit - jetzt bin ich 4 Jahre und 5 Monate alt - 186cm! Kein Wunder, daß der Anhänger nicht mehr breit genug ist. 2cm hab ich mir an der linken Hornspitze an der Wand abgeschabt, aber das weiß bloß ich und das merkt sonst keiner. Ach ja, wir üben grad Sulky fahren. In einer Gabel laufen ist doof, da muß ich mich richtig biegen in jeder Kurve und kann nicht einfach schräg daher kommen, die eisernen Anzen geben nämlich nicht nach. Da war das mit dem Halsjoch am Ackerwagen schon einfacher ...
Ich versuch jetzt mal Euch ein kurzes Video zu zeigen, wie ich beim ersten Schnee in diesem Winter (also Januar 2016) vor lauter Freude und Übermut rumlauf. Wir mußten aber auch zu lange drauf warten. Im Hintergrund hört Ihr die Hanna rufen, aber vorläufig hab ich den ganzen Platz für mich allein!
Und weil das Rumspringen echt Hunger macht und die Weihnachtsbäume schon lange weggeputzt sind machen wir uns über die Fichten her, deren Äste so vorlaut über den Zaun in unsere Weide herüberreichen. Die Hedda hilft mir dabei.
Lecker! Ich schwör's Euch...
Heut, am 20.4.2016, war nix los und wir hatten Zeit zum Blödeln. Erst wollte die Chefkuh wissen wie breit ich bin, nein, nicht der Bauch! Die Hörner! Sie kam mit so einem weißen Band, hat das eine Ende über eine Hornspitze gehängt und ist mit dem anderen Ende in der Hand hinter mir herumgegangen um es an der anderen Hornspitze anzulegen. Ich fand das lustig und hab meine Kopf geschüttelt, dabei ist das Band runtergefallen. Beim dritten Anlauf hab ich doch still gehalten weil sie mir den Schwanz gekrault hat. Ratet mal wie groß der Abstand zwischen meinen Hornspitzen ist? Na? 1,95m! Damit paß ich wirklich nicht mehr für lange Touren in den Hänger. Dann haben wir Cavaletti-Arbeit nach Rinder-Art gemacht. Die Reifenegge lag noch da vom Maulwurfshaufen plätten. Da sind wir vorwärts und rückwärts drüber. Ist schon ein seltsames Gefühl wenn die Reifen beim Draufsteigen nachgeben und rückwärts muß man besonders vorsichtig steigen.
Da hab ich noch ein Bild gefunden, bin ich nicht hübsch? Schau aus wie ein Pfingst-Ochse, dabei ist November 2016 und wir machen uns fertig für den Leonhardi Ritt in Wartenberg; es regnet Schnürsenkel und ich bin der Ersatz für die beiden Kleinen. Blöd gelaufen, aber vor 4 Wochen haben sie Trichophytie, einen Hautpilz, gekriegt und deswegen noch mehr Flecken als vorher und als der Pankratz vorgestern auch noch das Husten angefangen hat war die Sache entschieden: ich muß es machen. Grad bin ich rückwärts aus dem Hänger ausgestiegen und warte auf die Chefkuh, bis die ihre Siebensachen zusammen hat.
Grad fällt mir noch eine Geschichte ein. Gestern wars, der 10.12.16, ein Samstag. Unsere Chefkuh hat uns auf die Weide rausgeschmissen, weil es zwar kalt aber schönstes Wetter war. Sie selber hat sich ihren Holzstuhl hingestellt. Statt sich selber reinzusetzen und ihren Kaffee zu trinken hat sie aber eins von den alten Wagenrädern reingestellt. Da hatte sie lange danach gesucht, es mußte ein Paar Holzräder sein die zum alten, hölzernen Kartoffelpflug passen. Sie hat uns gesagt, wir sollen den Stuhl gefälligst in Ruhe lassen und nicht über den Haufen schieben bis sie wieder da ist. Wir hatten eh genug mit uns selbst zu tun, sogar die beiden Kleinen waren mit im Freien. Ich sag's Euch, das war ein Springen, Toben und Schnuffeln. Dann kam sie wieder mit einem Eimer, der war voll warmen Wasser und einem Haufen Seifenschaum. Sie stellte den Eimer ab, schaute verduzt auf den Stuhl und meinte, sie habe glatt die Bürste vergessen. Drehte sich um und ging wieder in den Stall. Selbstverständlich habe ich die Zeit genutzt und sofort inspiziert was das im Eimer war. Wie ich so die letzten Schlucke schlürf, den Kopf tief im Eimer versenkt, hör ich sie rufen. "Zeno, Zeno, hör auf, Du kannst doch nicht ... !" Den Rest hat sie sich geschenkt, weil der Eimer jetzt leer war, ich sie begeistert angeschaut hab, ihr deutlich zu verstehen gegeben habe, wie gut das geschmeckt hatte indem ich mir mit meiner Zunge einmal ums Maul gefahren bin und einen erwartungsvollen Blick nachgelegt hab. Kopfschüttelnd hat sie noch einen Eimer voll geholt. Den hat sie leider gegen alle unsere Annäherungsversuche verteidigt und mit dem Inhalt das Rad geputzt; was für eine Verschwendung. Nein, ich hab abends beim Wiederkauen keine Seifenblasen gerülpst!
Es ist Oktober 2017 und das Gras steht noch fett. Die Chefkuh macht grad Bilder und ich hab mir gedacht ich seh mir das mal an. Find ich gut, noch paß ich auch drauf mit meinen langen Hörnern. Die 2 Meter haben wir ja schon lang getoppt.
Es ist Winter und wir sind viel im Stall - langweilig. Sehr langweilig. Der wilden Hilde, die bei mir in der Box ist, fällt auch nichts Aufregendes ein. Also liegt's mal wieder an mir für Action zu sorgen. Als die Chefkuh mittags zum Stalltor reinkommt knie ich auf dem Boden, den Hals zwischen den Eisenstangen vom Tor an der Box nach draußen gesteckt, mein rechtes Horn allerdings eine Etage tiefer wieder nach innen verkeilt, das Ende vergraben in der Einstreu. Erst beim Näherkommen merkt unsere Chefkuh, daß ich mehr oder weniger bewegungsunfähig eingeklemmt bin. Vorwärts kann ich nicht weil das Horn an der Mauer anliegt, welche das Tor hält, rückwärts kann ich nicht, weil es im unteren Gatterbereich verkeilt ist. Glaubt mir, ich hatte gearbeitet, geschoben und gezogen bis ich vor lauter Aufregung Nasenbluten hatte, selbst die Aufhängung vom Tor war verbogen, aber ich hab mich nicht befreien können.
Die Chefkuh hat erst mal einen Hammer besorgt um den Verschluß vom Boxentor aufzukriegen. Dann hat sie das Tor aufgemacht, langsam, weil ich mußte ja mit meinem verbogenen Hals Schritt für Schritt mitrutschen. Trotzdem hat es noch der Hilfe vom Junglandwirt bedurft, um mich aus den vertrakten Eisenstangen wieder auszufädeln. Boah, war ich steif und hinter meinem linken Horn, dem was so verkeilt war, hat sich eine riesige Beule gebildet. Mein ganzer Hals war auf der rechten Seite haarlos und wund von meinen Befreiungsversuchen. Selbst Schlucken hat am Anfang weh getan. Die Aufhängung vom Tor ist heute noch verzogen und wackelig und erinnert uns an das Abenteuer.
Da könnt Ihr die verbogene Toraufhängung sehen und wie weit ich es aus der Mauer rausgenaggelt hab mit meinen ganzen Aufstehversuchen. Macht so was ja ned nach! Und damit es mir nicht noch mal passiert, hat unsere Chefkuh eine Kette in das Tor eingezogen, wer genau hinsieht kann das auch erkennen. Was erst später passiert: die obere Fixierung bricht an der Schweißstelle und mir fällt das ganze Tor entgegen. Macht nix, wir haben Gott sei Dank noch ein anderes Tor, das hängen wir draußen an die Mauer und statt des Futtergangs schließt das jetzt halt meine Box.
Dieses Jahr (2018) mache ich beim Fasching mit. Nun, was denkt Ihr was ich darstelle? Na? Nein, nicht doch, ich bin als Heuhaufen verkleidet! Ich find die Idee gut, kann ich mir das Kostüm doch selber basteln (und es hilft im Sommer famos gegen die biestigen Stallfliegen).
Hier mal meine ganze Crew im frühen Sommer 2018 beim Abfressen der heißgeliebten Ahornblätter; gleich danach in absteigender Rangfolge stehen wir auf Linde, Weide, Birke, Hainbuche, Wein, Efeu ...
Ihr seht die bezaubernde Hanna, die liebevolle Hedda und die kleine Hopi neben mir in der Sonne stehen. Schöne Rücken können auch entzücken!
Ist mir das peinlich, so was von peinlich ... Ich bin auf die Chefkuh draufgefallen und dabei hab ich ihr das Sprunggelenk gebrochen. Aber der Reihe nach: den ganzen Sommer bin ich immer wieder mal lahm gegangen, erst hat es so ausgesehen als plagen mich meine Arthrosen, dann hat sich mehr und mehr herausgestellt, daß es die Klauen sind. Also hat die Chefkuh am 23.8.2018 kurzerhand beschlossen das Problem anzugehen. Sie wollte die Woche drauf in Urlaub fliegen und der Himmel war grau in schwarz, so daß sie statt mit dem Bill zu arbeiten lieber meine Füße sehen wollte. Nachdem alles Handwerkzeug vor meiner Box lag, hat sie mich ein paarmal mit einer Nadel gepiekt (oh wie ich das hasse!) und mir wurde ganz blümerant. Mit meinem Halfter und einem langen Seil hat sie mich so verschnürt, daß ich mich lieber hingelegt habe, ich war eh ganz wacklig auf den Beinen. Dann haben sie sich (also unser Landwirt und die Chefkuh) meine Vorderklauen rechts vorgenommen und geputzt und geflext und überlegt und nochmal geflext und geschnitten und ... kurz und gut, mir hat das alles zu lang gedauert. Ich bin aufgestanden, hab aber 2 Versuche gebraucht, beim ersten bin ich glatt der Chefkuh aufs Bein gefallen, richtig gekracht hat das, ich sag's Euch, beim 2. Anlauf stand ich dann, unsicher und mit halbgeschlossenen Augen hab ich das Drama weiter beobachtet. Sie ist erst mal auf die andere Seite vom Futtergang gekrabbelt und hat sich da an den Stangen von der Aufstallung hochgezogen. Unser Landwirt hat die Seile und Stricke an mir aufgeknotet und nachdem ein Eimer kaltes Wasser der Chefkuh ihrem Knöchel auch ned wirklich geholfen hat, haben sie meine Box zu gemacht und beschlossen, gleich ins Krankenhaus zu fahren. Die Notaufnahme wird sich gefreut haben, unsere Chefkuh hat doch im Mist gekniet beim Arbeiten. Tja, und dann hab ich sie 4 Monate lang so gut wie nicht mehr zu Gesicht bekommen. Kein "Hallo, guten Morgen!", kein Kuscheln unter dem Kinn, kein Kratzen hinter den Ohren, och was hat sie gefehlt! Nur 3x war sie da, mit so Stecken rechts und links und hat immer Abstand gehalten ;-( ; jetzt ist Weihnachten und sie kommt wieder öfters und was für eine Freude; mit der Bürste in der Hand humpelt sie rum und bedenkt uns alle mit Putzen.
Es ist mal wieder richtig Winter, im Januar 2019, mit viel Schneemann-Schnee. Eine Schneewehe am Eingang zu unseren Wiesen ist gut knietief und ich liebe es Schnee zu schaufeln! Ihr wißt schon: rechtes Horn, linkes Horn, wieder rechtes Horn, ... Und zwischendrin mit meiner ganzen Stirn. Da fliegen die Schneebälle und so erfrischend ist es, daß ich es gleich nochmal mach. Sogar die Chefkuh hat unsere große Schneeschaufel rausgeholt und versucht zu helfen. Das Wahre ist das noch nicht, aber immerhin. Im Süden soll der Schnee bis in den ersten Stock liegen, da haben wir grad noch Glück!
Meine Reichweite ist ganz enorm, das hilft wenn's um Heu holen geht. Da muß der Rundballen schon echt weit weg stehen, daß ich nicht mehr rankomm. Sonst kann ich mir immer eine kleine Zwischendurch-Brotzeit beschaffen. Ab und an kann ich mit dem Besen spielen, wenn ihn jemand zu nah abgestellt hat. Das macht Spaß und ich muß die Bescherung ja nicht aufräumen.
Tja, am 10.5.19 war es soweit. Nachdem der Zeno mich durch den Zaun geschoben hat, hab ich mich zu einer Änderung seiner Karriere entschlossen. Selbstverständlich hatte er eine Ausrede, aber ich kein Vertrauen mehr. Und das ist die Basis allen Zusammenarbeitens - auch mit Tieren.
Immerhin: er hat mich quasi mit der Nase darauf gestoßen: die Fleischqualität vom Texas Longhorn braucht sich gegenüber einem Wagyu nicht verstecken!