Führzügel, Leitseil, Woier
Eine Person, der Fürsteher, ist vorn verantwortlich beim Führen am Kopf der Tiere. Früher waren das meist die Kinder oder die Frau, welche heutzutage erzählen, wie sie noch mit Rindern gearbeitet haben, aber sie wissen keine Details mehr, denn das Einspannen, Anspannen und Maschinen herrichten hat der Vater gemacht. Das Gespann selbst muß nicht nur in den gepflanzten Reihen auf dem Acker so geführt werden, so daß die angebauten Pflanzen keinen Schaden nehmen, die Tiere müssen auch ruhig stehen beim Beladen des Wagens, wenn es hinter ihnen rumort und rumpelt, sie dürfen nicht plötzlich zu einem unerwünschten Zeitpunkt anziehen (das könnte Verletzungen der Beteiligten nach sich ziehen, sei es daß man in eine Maschine gerät, vom hoch aufgelegten Wagen stürzt oder unter ein Rad vom Ackerwagen kommt) und vor allem muß der Fürsteher in den Sommermonaten Bremsen, Mücken und Fliegen von den Tieren verscheuchen. Damit kommt viel Unruhe aus der Arbeit, auch bei Anspannungsarten, wo sich die Rinder noch ganz gut selber gegen die Plage wehren können. Der Fürsteher hat also beide Hände voll: in der einen den Führzügel, in der anderen ein Peitsche durchaus auch zum Gebrauch als Fliegenwedel. Auf alten Bildern wird bei einem Gespann nur das linke Rind geführt, das rechte (der Handochse) hat oft nicht mal ein Halfter an. Auf diesen Bildern kann man erkennen wie das Leitseil um die Hörner und das linke Ohr des Leitochsen gebunden wurde. Das sollte nicht mehr nachgemacht werden.
Das Leitseil ist aus Hanf gedreht, selten geflochten, heutzutage auch aus Polyhanf (Spleitex), PE (Polyethylen) und anderen Kunststoffen. Diese neuen Materialien sind ähnlich griffig wie Hanf, sehen fast genauso aus, dehnen sich kaum, sind verrottungsfest, UV-stabil und werden nicht hart. Immer hat es eine feststehende Schlinge an einem Ende, die in unterschiedlichen Größen zu bekommen ist. Auch die Seillänge ist variabel.
Leitseil, Kälberstrick
Dieses Führseil besteht aus einem Materialmix Hanf - PP und ist 3m lang. Die Schlinge an seinem Ende ist nur 20cm groß. Man nennt dieses Seil wegen seiner begrenzten Bruchkraft auch Kälberstrick. Ich habe mit freundlicher Hilfe der Hanna nachfolgend demonstriert wie man mit Hilfe dieses Strickes schnell und einfach ein brauchbares Führhalfter knoten kann. Die 20cm Schlinge ist zu klein für ein Kuhmaul, also bilden wir damit eine weitere, verstellbare Schlinge.
Führzügel
Üblicher Führzügel aus dem Pferdebereich aus Leder mit Kette, Karabiner und Drehwirbel. Diese Art Führzügel läßt sich sehr vielfältig einsetzen, als Nothalfter, als Anbindestrick etc. auch beim Rind. Die Kette ist nicht nur Schutz gegen das Ankauen des Zügels sondern kann mit dem nötigen Augenmaß kurzfristig als Kettenhalfter bzw. Nasenriemen beim Führen eingesetzt werden. Die Schlaufe am Handende ermöglicht einen besseren Griff als ein simples Leinenende selbst wenn darin ein Knoten wäre. Das Leder ist recht widerstandsfähig, 138cm lang, 2,4cm breit, 0,4cm dick und die Schlaufe am Ende ist 20cm groß. Die Kette ist inkl. Wirbel 70cm lang, 1,5cm breit und mündet in einen 9cm langen Karabiner. Insgesamt hat dieser Führzügel eine Länge von gut 210cm. Wir benutzen keine der üblichen Panik-Haken, die können von Rindern mit ihren langen Zungen recht einfach selbst geöffnet werden.
ein Wort zu Panikhaken ...
Panikhaken gehören meiner Meinung nach bestenfalls an eine feste Anbindung, aber nicht an einen Führzügel, den kann man im Notfall einfach loslassen. Immer wieder werden in unruhigen Situationen beim Nachgreifen die üblichen Panikhaken unbeabsichtigt geöffnet und das Tier ist dann frei. Rinder können diese Panikhaken mit ihrer langen Zunge außerdem problemlos selbst frei-schieben. Es gibt Panikhaken die sind nur dann zu öffnen wenn ich mit dem Finger die in einem Loch befindliche Auslöse-Taste drücke. Das sind Panikhaken die nicht versehentlich aufgehen und die Rinder nicht austrixen können. Nachteil: gerade in einer unruhigen Situation muß ich meinen Finger durch das Loch stecken, hmm ... Wir verwenden an Führzügeln Karabiner in allen Variationen und selbst an der Anbindung sind wir von sog. Panikhaken abgekommen. Es liegen allerdings immer 2 scharfe Messer in Reichweite und wir binden Panik- / Quick Release - Knoten (mehr dazu weiter unten).
Stoßzügel, Fahrzügel, Leinen, Ackerleinen
Im Gegensatz zu dem Führzügel von vorn werden Rinder mit einem Stoßzügel (auch Ruck- oder Tockleine) oder (Acker-, Fahr-) Leinen von hinten gefahren. Mit einem Stoßzügel gefahrene Rinder bedeuten für den Ochsentreiber nur eine Leine in der Hand halten zu müssen, die andere bleibt frei für die Pfluggriffe oder den Eggenhaken. Diese eine Leine geht beim Zweiergespann zum Leitochsen (links) während der Handochse (rechts) mit einem Laufzügel an das Wagscheit zurückgebunden wird. In Kurven drängt und zieht ihn der Leitochse in die vorgesehene Richtung. Im Lauf der Zeit haben sich für zwei Zugtiere und den meisten Arbeiten die Kreuzleinen gegenüber dem einzelnen Stoßzügel durchgesetzt, weil man so beide Tiere besser unter Kontrolle hat, gerade für enge Wendungen, schnellere Gangarten, Notbremsungen und in dichtem Verkehr. Auch reduziert sich die Möglichkeit von Verletzungen im Maul bzw. auf der Nase des Leitochsen bei der Verwendung von Kreuzleinen. Fahrleinen kommen immer als rechte und linke Leine, benötigen zuweilen beide Hände zum Manövrieren. Sind sie hinten miteinander verbunden bedeuten sie ein nicht unerhebliches Verletzungsrisiko für Rinder und Menschen. Beim Holzrücken kann diese Schlinge sich an einem Ast oder Baumstumpf fangen; armes Tier welches sich gerade im Zug mächtig anstrengt und plötzlich im Maul bzw. auf der Nase gerissen wird. Oder der Mensch gerät aus Unachtsamkeit in diese Schlinge, im einfachsten Fall stolpert er und fällt. Sind die beiden Enden der Leinen nicht verbunden, ist das auch nicht in jeder Situation ideal: fällt eine Leine aus der Hand wird es schwierig sie schnell wieder zu erlangen und hat man beim Holzrücken mit beiden Händen einen Stamm angehängt gilt es bei gleichfarbigen Leinen zu sortieren welches ist die rechte, welches die linke Leine, wenn man beide wieder aufnimmt um ein Signal zu geben. Es muß deshalb überlegt werden, welche Art Leine für den gedachten Zweck die beste Wahl ist. Gute Leinen sind aus erstklassigem Leder, warum das trotzdem nicht immer eine sinnvolle Idee ist wird unten erläutert; damit die Leinen besser in der Hand liegen kann der Griffbereich für die Hände (Fahrstutzen) mit Knöpfen oder Stegen aus den verschiedensten Materialien (Porzellan, Leder, Elfenbein, Horn, Tagua) versehen sein. Weitere Möglichkeiten um das Handling der Leinen zu verbessern sind schlaufenförmige Unterzügel, Fröschel (Wiener Fahrleine) und das Einreiben des Leders mit Colophonium. Eine vor hundert Jahren vielgerühmte Zügelpaste zu eben diesem Zweck wird noch immer von der Rathausapotheke in 85435 Erding nach dem alten Rezept hergestellt. Es empfiehlt sich flache Lederleinen vorzuziehen, runde sind weniger haltbar und schlechter festzuhalten. Es gab durchaus Leinen aus gemischten Materialien: die Kreuzleinen aus Leder, der Rest zB aus Hanf. Gurtmaterial oder auch Seilereierzeugnisse haben die unangenehme Eigenschaft, Brandwunden zu hinterlassen wenn sie im Notfall mit hoher Geschwindigkeit durch die blanke Hand gerissen werden. Fast gänzlich verloren hat sich das Wissen um den losen Ring, der beide Kreuzleinen, wo sie über Kreuz verlaufen, zusammen hält. Dieser Ring (aus einem Stück Knochen oder aus Metall) hält die Leinen in ihrer richtigen Lage zusammen und verhindert ein Verfangen derselben an der Deichsel.
Deutsche Einspännerleine aus Leder
Diese Leine wurde aus unterschiedlich langen Lederriemen zusammengesetzt; naturgemäß ist es schwierig eine 12m lange Leder-Leine aus einem Stück zu gestalten. Hier sind die einzelnen Stücke zwischen 125cm und 170cm lang, zu jeweils 10cm überlappend zusammengenäht, jeweils 2cm breit und 0,5cm dick. Mit den etwa 35cm langen Ketten an beiden Enden (sie sollen vor allem das Zerkauen des Leders durch das Tier verhindern) ist diese Lederleine 12m lang. Dazu kommt an jedem Ende ein Haken von 12cm Länge. Leder ist zwar ein Material welches gut in der Hand liegt und haltbar ist, allerdings ist es relativ schwer und wird rutschig wenn es naß ist. Leder ist außerdem im Vergleich zu Seilen ein relativ teures Material und wird schon deswegen ungern bei der täglichen Arbeit auf dem Acker eingesetzt. Die vielen Nahtstellen bei dieser Leine sind - obwohl die Lederstücke gut abgeflacht miteinander verbunden sind - mit Sicherheit ein Problem in den Leinenführringen und den Händen.
Einspänner-/Ackerleine aus Hanf
Das Material dieser Leine ist Hanf, 4 schäftig geschlagen, 10mm dick und etwa 12,5m lang. Beide Enden bilden eine 3cm große Öse und sind auf etwa 7cm Länge mit sich selbst verflochten. Diese Öse hält einen 8cm langen Karabiner mit Wirbel, der in der Trense, bzw. dem Kettenhalfter rechts und links eingehängt wird. Vorteile des Hanfseils: es dehnt sich kaum (Leder wird durchaus länger wenn naß), ist widerstandsfähig gegen Scheuern (und Reißen), ist leicht und sehr griffig (auch wenn es naß ist oder die Hände verschwitzt sind), es hat keine Nahtstellen und ist billiger als Leder. Allerdings verrottet es wesentlich schneller als Leder. Allein die Tatsache, daß es leichter und billiger ist hat es auf dem Feld zur bevorzugten Leine gemacht. Hier werden größere Längen gebraucht, läuft man doch hinter dem Pflug, hinter der Sähmaschine etc., und da wird Leder, noch dazu wenn man stundenlang damit arbeiten muß, schon sehr schwer. Außerdem ist so eine Leine schnell und günstig ersetzt, sollte sie versehentlich am Boden schleifen oder unter die Räder kommen. Der Nachteil: wesentlich schneller als mit steiferem Leder kommt es bei diesem Material zu Knoten, die immer wieder entwirrt sein wollen.
Achenbach-Leine bzw. Leine 22
Diese nach ihrem Entwickler Benno von Achenbach benannte Leine ermöglicht das Fahren von 2 und mehr Zugtieren unter optimierten Bedingungen. Nicht nur hat sie bestimmte, vorgegebene Maße, sie läßt sich auch gut an die unterschiedlichen Bedürfnisse von Zugtieren und Wagen anpassen. Sie bietet eine Norm, bei der jeder, der mit Pferden oder Rindern fährt wissen sollte, von was die Rede ist. Da die Sicherheit beim Gespannfahren u.a. vordringlich von den eingesetzten Leinen abhängt, sollte eine Achenbach-Leine nur aus bestem Leder sein und erstklassig verarbeitet. Die Maße und Art der Verschnallung lassen sich in jedem Fahrlehrbuch nachsehen, hier nur kurz angemerkt: zum Arbeiten im Holz oder auf dem Feld ist diese Leine nicht geeignet, weil erstens - anders als auf einem Wagen - die Position des Gespannführers oft wechselt und diese Leine laufend neu eingestellt werden müßte und weil zweitens ihre Länge einfach nicht ausreicht für einen solchen Gebrauch.
Die hier abgebildete Achenbachleine ist von minderwertiger Qualität. Schon die unterschiedliche hellbraune Farbe der rechten und linken Leine weist darauf hin. Die Längsmaße stimmen einigermaßen, statt 27mm ist sie allerdings nur 25mm breit. Das mag noch angehen, weil Damenhände mit schmaleren Lederleinen besser zurecht kommen. Gar nicht gut ist die Verarbeitung an den Nähten, auch sind kaum Abschrägungen am Leder vorhanden wo die Einzelstücke aneinander genäht wurden. Dadurch entstehen 1-2mm hohe Stufen, mit denen die Leine beim Lenken in den Leinenringen hängenbleiben kann.
Leinenschoner werden nicht nur unter den Kreuzschnallen angebracht sondern auch vorn, wo die Leinen in das Gebiss eingeschnallt werden.
Ackerleine aus Biothane
Funkelnagelneu von der Sattlerin muß diese Arbeitsleine noch eingefahren werden. Wir haben die Handenden der Leine mit Ringen versehen, so können die Kreuzenden frei durchgleiten. Das macht Sinn im Holz und auf dem Acker, wenn der Fahrende immer wieder seine Position hinter dem Gespann wechselt. Der Einschnallbereich für die Trense besteht aus einem doppelt gelegten Lederriemen, der schnell und einfach zu wechseln ist, sollte Abnutzung es nötig machen. Ein weiterer kleiner Lederriemen mit 2 Schnallenden dient der Verbindung zwischen rechter und linker Leine. Der Rest besteht aus Biothane. Wir haben uns für dieses Material entschieden weil es leichter ist als Leder, zudem pflegeleichter und rutschfest. Die Leinen sind 2,2cm breit, 0,4cm dick und insgesamt 475cm lang (255cm die Handstücke, 215cm ein halbes Kreuzende).