Nordrhein-Westfälisches Stirnjoch

Nordrhein-Westfälisches Stirnjoch

Stirnjoch aus Plettenberg

Die Besonderheit von diesem Stirnjoch aus Plettenberg liegt in seinen eingebauten Zugschonern. Hergestellt wurde es von Wilhelm Friedrichs aus Schalksmühle, ganze 35km von Plettenberg entfernt. Beworben wurde es als Tierschutzjoch, gekostet hat es damals zwischen 18.- und 22.- DM , mußte also nach 1948 entwickelt worden sein. Die Zugschoner und die schiere Größe des Stirnjochs legen die Vermutung nah, daß es sich um schwere Ochsen-/Bullenarbeit handelte. Die Schoner befinden sich vorn an der Eisenschiene und bestehen aus 5cm langen Spiralfedern durch die eine Schrauböse gesteckt ist. Zwei Sechskantmuttern begrenzen das Spiel der Schrauböse und dienen als Anschlag unter Zugbelastung. In jeder Öse hängt ein Eisenhaken, 10cm lang, 4cm breit, aus 1cm dickem Eisen. Das Jocheisen besteht aus einer ehemals schwarz gestrichenen, stabilen U-Schiene, 4,5cm hoch, 0,3cm dick, am Rand 1cm dick, 60cm lang. Wegen der Biegung (lichte Weite 35cm, Biegung 14cm) ist das Stirnjoch allerdings nur 47cm breit. Zwei mit Vierkantmuttern vorn befestigte Schrauben halten die Hornriemen und das Polster am Eisen. Die Hornriemen sind 1,7cm breit, 0,5cm dick und zwischen 30cm bzw. 60cm lang. Da sie schräg befestigt sind werden die Hornriemen hier offensichtlich gekreuzt getragen. Das Polster (36cm lang, 11cm in der Mitte und 5cm am Rand hoch) besteht vorn aus textilem Material, hinten aus Leder. Der besseren Haltbarkeit zu liebe ist rundherum ein Lederstreifen über die Verbindungsnaht genäht. Die Polsterung hat schwer gelitten, das Leder schlägt tiefe Falten und läßt ein Formteil an der Vorderseite des Polsters durchfühlen. Deutliche Abnutzungsspuren durch die Hörner zeigen wo oben ist. Gewicht: 2,6kg

Die Idee mit den Zugschonern hatte der Sattlermeister Schöttler aus Brandenburg 1913/14 so gelöst:

Stirnjoch mit Zugschoner
Stirnjoch aus Hückeswagen, Oberbergischer Kreis

Dieses Stirnjoch ist ein typischer Vertreter der Rheinischen Stirnjoche: ein massiver Eisenbogen verbunden mit einem großen Polster und eingebautem Fliegenschutz, alles möglichst dekorativ verarbeitet. Hier ist das Eisen 0,7cm dick, 65cm breit, 5,5cm (Mitte) bzw. 4cm (Seite) hoch. Es ist um 20cm nach hinten gebogen, das bedeutet ein Jochbreite von insgesamt 45cm. Das Eisen ist bis auf die Seiten mit punktförmigen Punzierungen versehen, die eine gerade Linie (oben 0,8cm und unten 1cm vom Rand entfernt) oder eine Schlangenlinie bilden. In den Bögen dieser Schlangenlinie sind blumenähnliche Stanzspuren zu sehen. Die äußeren Enden des Eisenbandes haben ein 1,5cm großes Loch für die 3-dimensional gestalteten, handgeschmiedeten, etwa 10cm langen Zughaken (Materialstärke 1cm). Das eiserne Joch wurde von einem Vorbesitzer schwarz gestrichen. Das Lederpolster ist mit 4 Schrauben im Abstand von 12cm zueinander am Eisen befestigt, die Vierkantmuttern sind außen zu sehen. Auch zu erkennen ist an der mittleren linken Schraubverbindung ein Riß im Eisen, der immerhin stark genug ist, daß der Bogen hier geknickt aussieht. Das Polster ist 4cm dick und 12cm (Mitte) bzw. 5cm (Seite) hoch. Zwei rote Baumwollquasten auf der Stirnseite dienen Formstichen als Widerlager. Die Enden des Polsters sind mit einer 2. Lage Leder gesäumt um der Belastung durch die Hörner zu begegnen, letztere haben trotzdem deutliche Abdrücke hinterlassen. Am unteren Polsterrand ist von hinten der Fliegenschutz angenäht. Er besteht aus einem zusmmangenähten Lederflecken von 20cm Breite, 19cm Höhe und 0,3cm Dicke. Dieser Flecken ist im Abstand von etwa 1cm über fast die ganzen Höhe eingeschnitten, wobei jeder 2. entstehende Lederstreifen entfernt wurde. Die übriggebliebenen sind am freien Ende V-förmig angeschnitten. Drei weitere Lederstreifen befinden sich angenäht zwischen Polster und Fliegenschutz: es sind zwei 1,5cm (unten) bzw, 2cm (oben) breite Streifen am Rand des Fliegenschutzes, 14cm bzw 16cm lang und mit einem Loch am unteren Ende (vermutlich von einer Zierniete); ein dritter Lederstreifen (3,6cm unten, 2,6cm oben breit) befindet sich in der Mitte und hat ebenfalls 2 Löcher (1,5cm und 5cm vom unteren Ende entfernt) von Ziernieten. Auf der unteren Außenseite des Polsters - parallel zum Fliegenschutz - ist ein weiterer Lederlappen aufgenäht, 5,5cm (Seite) bzw. 5cm (Mitte) hoch und 21cm breit. Sein unteres, überstehendes Ende besteht aus 10 leicht eingekerbten Bögen und verdeckt so den Ansatz des Fliegenschutzes. 5 messingfarbene, 1,7cm große Ziernieten sind mit blumenartigen Lederscheiben unterlegt und durchdringen hier sämtliche Lederlagen bis auf die Polsterrückseite, wo sich ihre Arme spreizen. Die selben Nieten  mit den gleichen Lederunterlagen zieren zu dritt den oberen Polsterteil zwischen den Hornriemen. Die Hornriemen sind mit einem Lederbändchen oben am Polster im Abstand von 15cm befestigt und verlaufen zwischen Polster und eisernem Joch schräg nach unten außen (dort beträgt der Abstand 28cm). Sie sind 2,5cm breit, 55cm lang und 0,3cm dick. Gewicht: 2,75kg

Stirnjoch aus Solingen

Dieses recht typische rheinische Stirnjoch aus Solingen, zwischen Niederbergischen und Oberbergischen Land, mit seinem fest angearbeiteten Fliegenschutz soll hier betrachtet werden. Der massive Eisenbogen (50cm breit, etwa 3cm hoch, 0,8cm dick) ist um gut 10cm nach hinten gebogen, was dem Joch eine Gesamtbreite von 39cm gibt. An den seitlichen Enden befinden sich zur Zugaufnahme handgeschmiedete Eisenringe (5cm Durchmesser) in runden 1,5cm großen Ösen. Der Eisenbügel selbst steckt - wie immer wieder bei Stirnjochen aus diesen Gebieten - in einer ledernen Hülle. Auf dem eigentlichen Stirnpolster ist vorn ein Lederstreifen (6cm hoch, 40cm breit) aufgenäht der das Metall umhüllt und nur die seitlichen Arme freiläßt. An den äußeren Enden dieses Lederstreifens findet man stabile Lederriemen (1cm breit, 0.5cm dick) die durch das Polster durchgehend und außen auf dem bügeldeckenden Lederstreifen verknotet diese Stelle großer Belastung zusammenhalten. Abgesehen von den Durchlässen für die Hornriemen ist der Lederstreifen auf seiner gesamten Länge oben und unten mit dem Polster vernäht. Bei diesem Joch wurde mit drei 2cm großen Ziernägeln und darumgewundenen Linien aus weiteren, eng und dicht stehenden, 0,6cm kleinen Ziernägeln auf Schönheit geachtet. Auch wenn heute die meisten dieser Nägel fehlen, läßt sich doch die ursprüngliche Pracht erahnen. Das oben 3,5cm zwischen den 23cm auseinanderliegenden Hornriemen hervorstehende Polster wurde passend zu den großen Ziernägeln mit ebensolchen versorgt. Seitlich sind Ausschnitte für die Hörner vorgesehen. Am unteren Rand steht das Polster ebenso um 3,5cm hervor, auch hier mit 3 passenden und je einem zusätzlichen Ziernagel seitlich geschmückt, weil hier das Polster bis zum äußeren Rand des Eisenbügels geht und nur 4cm davon frei läßt. Hier am unteren Polsterrand ist mit entsprechenden Durchlässen für die Hornriemen das Fliegenschutzgitter und eine lederne Zierleiste mit nach unten gerichteten, 4cm langen, 0,7cm breiten, gezackten, bis auf einen schon alle abgebrochenen Fortsätzen. Das Fliegenschutzgitter besteht aus einem Stück Leder, 27cm breit, 0,3cm dick, welches bis auf einen 1cm hohen Rand in 1cm breite Streifen geschnitten wurde. Diese Streifen wurden dann abwechselnd mit dem jeweilig benachbarten verknotet (eigentlich durch mittig in den Streifen angebrachte Löcher geschoben), sodaß ein Netzgitter entsteht. Jeweils am Rand wurde dann der äußerste Streifen frei gelasssen und konnte auf einer Länge von 17cm frei baumeln. Dadurch ergibt sich die dreieckige Form des Fliegenschutzes. Zur Randverstärkung wurde ein Lederriemen (2,5cm breit) darüber genäht, auch dieser mit je 4 der großen Ziernägel auf jeder Seite geschmückt, wie Spuren verraten. Die losen Lederstreifen sind naturgemäß schnell abgerissen / abgebrochen, also hat man neue einfach mit einem Stich dort eingefügt wo der alte fehlte, zum Schluß hat man auf den Ersatz völlig verzichtet und nur mit dem Rest vom Netz gearbeitet. Auch dieses ist in sehr strapaziertem Zustand, nicht nur weil Rinder gern mit dem Kopf reiben sondern auch weil es an der Kante auf der das Stirnjoch liegt angenäht ist und deswegen immer nach der einen oder anderen Seite umgebogen wird. Vom Polster war schon die Rede, während seine Vorderseite aus stabilem Leder hergestellt ist, ist die der Stirn zugewandte Rückseite aus überraschend feinem, doppelt gelegtem Leinen?-Gewebe, ursprünglich rotweiß gestreift. Gut sichtbar sind die z.T. groben Stiche mit denen der Lederstreifen auf der Vorderseite angenäht ist und die das Polster so in 3 Kompartimente teilen. Das Polster ist mit Haaren gestopft. Am rechten Rand wurde mit einem sich schon wieder ablösenden Lederflecken eine offene Stelle geflickt. Die Hornriemen sind 2,5cm breit, 0,3cm dick, 57cm rechts bzw. 47cm (original) lang. Gewicht: 1,9kg

Stirnjoche aus Hilchenbach

Obwohl im Siegerland spezielle Genickjoche zum Scherenzug hergestellt und benutzt wurden, hat man die Rinder auch mit Stirnjochen gearbeitet, die denen in Rheinland-Pfalz ähneln: die eisernen Flügel sind gekröpft und relativ weit ausladend; das Polster ist Leder bezogen und in aller Regel ist ein Fliegenschutz aus Leder integriert; das Eisen ist unter mit dicken Ziernägeln versehenem Lederschutz mit dem Polster verbunden. Diese Stirnjoche sind alle im Landwirtschaftsmuseum Hilchenbach-Hadem zu bestaunen.

Fliegenschutz für Stirn-/Genickjoch im Landwirtschaftsmuseum Hilchenbach-Hadem

Es wurden allerdings auch Fliegenschutz-Netze aus anderen Materialien hergestellt, hier zum Beispiel eine Makramee-Arbeit aus dem Landwirtschaftsmuseum.