Fressen will gelernt sein!
Am Anfang ist es noch einfach. Das Programm zum Saufen an der Milchbar haben fast alle Kälber von Geburt an gespeichert. Wenn die Mama dann noch stehenbleibt und das Oxytocin (Kuschel-Hormon was u.a. den Milchfluß anregt) seine Wirkung entfaltet ist die wichtigste Hürde schon genommen.
Und dann???
Am besten läßt sich das Fressen bei Muttern abschauen. Kälber die sich diese Kunst selbst erarbeiten müssen, haben in der Regel eine Entwicklungsverzögerung von 2-3 Wochen. Also immer im vorderen Bereich der Kuh aufhalten beim Fressen, das garantiert den besten Überblick.
Gretchenfrage: Wie kann ich am besten einen Haufen Heu runterschlucken, wo doch das Zeug trocken, spröde und staubig ist?
und die Sache mit dem Haufen nehmen wir mal wörtlich...
Wer genau hinsieht, erkennt zwei völlig unterschiedliche Techniken zu dem Problem:
-> das Kalb kann den Zungenschlag, den die Mama draufhat, noch nicht nachmachen. Es kaut das Heu in kleinen Bissen geradeaus rein und schluckt dann ab.
-> die Mutterkuh hat einen tollen Zungenschlag mit dem sie richtig große Anteile vom Heu in ihr Maul nimmt.
Nochmals ein Kalb:
Erst mit 4-5 Monaten beherrschen sie den Trick der erwachsenen Rinder. Das mag eine Übungssache sein, kann aber auch seinen Grund darin haben, daß sich die Zunge als Werkzeug erst entwickeln muß.
So frißt ein erwachsenes Rind das Heu:
Nochmal, diesmal ein Rind mit Grassilage:
Die Zunge schlägt den Bauschen Heu/Grassilo jeweils von rechts und von links abwechselnd ein bis im Maul ein Bollen entstanden ist. Der läßt sich dann mit wenig Speichel und bequem zusammengerollt gut abschlucken.
Übrigens: Rinder schlucken nebenher. Vorn wird weiter gefressen während hinten der Bollen abgeschluckt wird. Nur wenn man gezielt aufpasst sieht man das kurze Innehalten beim Fressen, das Maul ist während dem Schlucken schon wieder voll mit dem nächsten Bissen. Das geht ganz anders als bei uns.
Die Rinderzunge hat entlang beider Seiten je einen Muskel, der - wenn er angespannt ist - wie ein Wall die Oberfläche seitlich begrenzt. Hinten hat die Rinderzunge einen kleinen Hügel. Kurz davor ist eine Kuhle, die sich hervorragend zum Bollen machen eignet. Wie eine Form in der das Heu zusammengerollt werden kann. Diese Kuhle ist auch durch Fremdkörper gefährdet, muß also bei Fressbeschwerden kontrolliert werden.
Seitlich an der Backenschleimhaut befinden sich nach hinten gerichtete Papillen, die die Schluckbewegung passiv unterstützen.
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Da denkt man, man hat das mit den Bollen rollen endlich drauf und dann sind die Augen größer als das Maul:
muß man halt nochmal einen kleineren Bollen wickeln...
Auf die kleinen Tricks kommt es an! das Beste ist immer ganz unten...
Dornige Rosen oder Weißdorn fressen? Überhaupt kein Problem, einfach abknipsen, die saftigen Enden der Zweige.
Gras fressen? Eine Kunst für sich. Erst mal fallen die Grashalme nicht wie Heu mehr oder weniger ins Maul, man muß schon ernsthaft zubeißen. Dann kommt es auf das Gras an wie groß oder klein das Büschel sein kann, das man ins Maul nimmt. Zu viel und man kann es nicht abreißen, zu wenig und man húngert. Der Trick besteht aus kleinem, kurzem Zupfen, dann gibt das Grünzeug nach. Und niemals nie nicht von Stellen fressen wo vorher ein Kuhfladen lag! Brrrr, pfui, bäh!
So, wenn wir dann satt sind geht es ans Wiederkauen. Das ist nochmal eine ganz andere Baustelle, denn jetzt erst wird alles, was wir gerade so in uns reingestopft haben, fein säuberlich gekaut. Das ist eine ruhige und gemütlich entspannte Phase im Tagesablauf. Am allerbesten geht es im Liegen, mit vor Genuß halb geschlossenen Augen.
Hier zeigt es die Helen schon im Alter von 3 Tagen! Wird wohl der Probelauf sein.
Hier ein älteres Rind beim Wiederkauen. Rinder kauen immer nur auf einer Seit, weil der Unterkiefer schmaler ist als der Oberkiefer. Die Backenzähne übereinander zu bringen funktioniert also jeweils nur auf einer Seite. Das Maul wird jetzt beim Schlucken leer, das ist im Gegensatz zum Fressen (s.o.).
Fresstauglichkeit von Pusteblumen: