Warum ist Amerikas älteste Rinderrasse so attraktiv?

Die Antworten sind vielfältig!

Die faszinierende Geschichte im Überblick

Spanier unter Christopher Columbus brachten wohl 1494 die ersten lang-behornten Rinder nach Amerika mit. Deren Abkömmlinge dürften die ersten Rinder gewesen sein, die diesen Kontinent besiedelten. Über die Jahrhunderte wurden aus versprengten Herdenverbänden im wahrsten Sinne des Wortes Millionen. So hat sich also diese Rasse entwickelt, von den Spaniern importiert, von der Natur verfeinert, zurecht geschliffen von den Naturgewalten über die Jahre. Harte Klauen und tödliche Hörner haben sie für das Überleben gerüstet. Die spektakulären Farbvarianten spiegeln Pigmententwürfe wieder, die gegen ultraviolette Strahlung schützen sollen.

Als 1623 die Engländer anfingen Amerika zu kolonisieren, brachten auch sie ihre Rinder mit. Mit den Rindern zogen sie gen Westen, die Tiere zogen Wagen und Pflüge und sorgten für Milch und Fleisch. In Mexiko, Kalifornien, Texas und der damaligen Lousiana Purchase konnte man dann die Entwicklung zur geschichtsträchtigen Rinderrasse verfolgen.

Bis in die Mitte des 18.Jahrhunderts vermehrten sich diese robusten, mit großen Hörnern versehenen Weiderinder ohne menschliches Zutun. Verschiedene Eigenschaften wurden genetisch durch das Überleben der tauglichsten  Tiere festgelegt, was zu ökologisch hoch angepaßten Herden führte, Herden mit extrem gutem Gesundheitsstatus, Fertilität, Widerstandskraft gegen Krankheiten und der Unversehrtheit von Körper und Beinen. Ihre Zahl wurde auf 500.000 in Südwest-Kalifornien (1850) und zwischen 3 und 4 Millionen in Texas (1865) geschätzt. Diese wilden, von der Natur entwickelten Rinder bedeuteten Bargeld für jeden der sie einfing und sie vermehrten sich zügig.

1836 hat Ewing Young eine Expedition vom Oregon Territory nach Kalifornien geleitet um Texas Longhorn zu kaufen. Sie schafften etwa 1450km in 120 Tagen mit 830 Rindern, was vermutlich der erste größere Viehtrieb in Amerika war. Bis 1889 waren geschätzte 10 Millionen TLH Rinder aus Texas heraus getrieben worden. Wilde Rinder zu Bargeld machen war der letzte Schrei. TLH konnten erstaunliche Entfernungen überwinden, vom Land leben durch das sie getrieben wurden, durch Flüsse schwimmen und Wüstenhitze und Winterschnee aushalten.

1876 wurde die erste etwa 1000 Rinder umfassende Zuchtherde nach Alberta/Kanada eingeführt. 1884 waren es schon 40.000 Tiere mit weiteren Importen. Um 1900 hat das amerikanische Landwirtschaftsministerium die Rinderpopulation auf 60 Millionen geschätzt, die meisten davon mit TLH-Anteilen im Blut. Im späten 19.Jahrhundert wurden Rinderrassen aus Asien und Europa verfügbar um die Fett- und Talg-Ausbeute für die Kerzenindustrie zu steigern. Die ersten dieser Rasserinder wurden für gewöhnlich mit TLH gekreuzt um den Heterosis - Effekt zu nutzen. Die exzellenten Wachstumsraten und Vitalität dieser Kreuzungsrinder wurden bald bekannt und dieser Zuchtvorgang so populär, daß reinrassiges TLH Blut fast eliminiert wurde. Ein weiterer Faktor der zum Niedergang der Rasse beitrug war das natürlicherweise magere Fleisch. Kerzen waren für über 3000 Jahre die hauptsächliche Lichtquelle in der Welt und der dafür benötigte Talg wurde aus dem Rinderfett gewonnen. Auch Seifen, Schmiermittel und die Küche verlangten nach Talg. Die ersten Schlachtfabriken wurden als Haut-und-Talg Firmen gegründet. Vor der Erfindung des Kühlschranks war das gewonnene Fleisch eigentlich ein Nebenprodukt. Der Bedarf für Talg und Häute war entscheidend für diese Industrie und im Rinderbereich wurde demzufolge bei der Zucht viel Wert auf Tiere gelegt, die beim Schlachten viel Fett bringen. Das natürlicherweise magere TLH-Fleisch mit 80% weniger Fett als zB. die englischen Rassen wurde weniger und weniger nachgefragt.

Um 1930 dann war der größte Teil der offenen Weiden eingezäunt und die Rinderbarone im Südwesten konzentrierten sich auf fette Rinderrassen. Für das TLH bedeutete es, daß sich nur noch ein paar wenige, eingefleischte Rinderleute um diese Rasse kümmerten.

Die sieben Familien

Bis 1930 hatten sich 7 genetisch unterschiedliche Stammbäume bzw. Blutlinien herausgebildet: Butler, Witchita Refuge, Peeler, Wright, Phillips, Yates und Marks. Heute ziehen Texas Longhorn Halter ihre Herden entweder reinrassig innerhalb dieser 7 Blutlinien oder kreuzen Kombinationen aus ihnen je nachdem was für ein Zuchtziel sie sich vorstellen.

Die Natur hat die Texas Longhorn Rinder hunderte von Jahren auf ihre Anforderungen hin verlesen, und so tragen diese Tiere in ihrem Genom die charakteristisch guten Eigenschaften für Fruchtbarkeit, Leichtkalbigkeit, Mütterlichkeit, Resistenz gegen Krankheiten, hervorragendes Weidepotential, Anpassungsfähigkeit für eine weite Spanne klimatischer Verhältnisse und die vererbte Fähigkeit auf sich selbst aufpassen zu können. Statistisch unterscheiden sie sich deutlich von anderen Fleischrinder-Rassen und sind in zahllosen, profitablen Merkmalen besser.

Die Internationale Texas Longhorn Association

Die ITLA hatte im Oktober 1989 zum ersten Mal ein organisatorisches Treffen. Der Zweck dieser Vereinigung ist die Entwicklung, Registrierung und Förderung der Texas Longhorn Rasse. Sie versteht sich als Mitglieder-orientiert und hat Teilnehmer in allen US-Staaten und vielen anderen Ländern. Sie bietet den Mitgliedern viele Dienstleistungen und wurde gegründet wegen der hohen Wertschätzung für die großartige Texas Longhorn Rinderrasse.

Langlebigkeit

Texas Longhorns sind berühmt für ihr langes Leben. Viele Tiere werden älter als 20 Jahre, manche Kühe auch noch mit 25 oder 30 regelmäßig trächtig. Kommerziell gedacht bedeutet das längere produktive Leben dieser Rinder, daß der Rinderhalter weniger Kalbinnen braucht als Nachzucht für seine eigene Herde und dafür mehr Kälber pro Jahr verkaufen kann. Manche professionelle Rinderhalter stellen fest, daß ein TLH-Einfluß in konventionellen Mastrinder-Rassen deren produktives Leben um mehrere Jahre verlängern kann.

Wirkliche Leichtkalbigkeit

Zehn der zwanzig größten U.S.-Ranches haben erfolgreich mit TLH-Bullen gezüchtet. Der gute Ruf der TLH-Bullen was einfache und unkomplizierte Geburten angeht ist legendär. Der schlanke, hagere TLH-Rahmen mit schmalem Kopf und Schultern bedeutet insbesonders für erstgebärende Kalbinnen ein wesentlich weniger traumatisches Erlebnis und verhindert sonst übliche Nachfolgeprobleme. Das U.S. Meat Animal Research Center in Clay Center, Nebraska hat die modernen Qualitäten unserer Rasse unter die Lupe genommen. Ihr "Germ Plasm Evaluation Program, Cycle IV Phase2" hat 1905 Geburten untersucht und dabei 11 Rassen verglichen. TLH-Rinder haben dabei herausragend gut abgeschnitten mit der höchsten Anzahl unassistierter Geburten (99,7%) und dem niedrigsten Geburtsgewicht (32,34kg). Diese althergebrachten, von der Natur festgelegten und durch die Zeiten getesteten Qualitäten bedeuten für den professionellen Rinderhalter mehr Einkommen durch weniger Arbeit und mehr lebende, vermarktbare Kälber. Außerdem sorgen diese stress-armen Geburten dafür, daß sich die Kühen besser um ihr Kalb kümmern und schneller wieder aufnehmen, was wiederum dem Profit zu Gute kommt.

Zwischen Geldanlage und Freizeitgestaltung

TLH-Rinder sind eine Rasse die Spaß macht und Geld bringt. Investoren stellen fest, daß es eine einfach zu ziehende Rinderrasse ist, ohne den engmaschigen Beobachtungsbedarf den andere Rinder häufig erfordern. Sie sind nicht nur für große Rinderbetriebe geeignet sondern auch ideal für den typischen Hobby-Halter. Sie passen ganz gut auf sich selber auf, sollte der Eigentümer nicht anwesend sein. TLH-Rinder sind begehrt für Jugendprogramme und Show-Bühnen. Einige sind von ihren Haltern zum Reiten abgerichtet oder zum Ziehen von großen Lasten. Sie lernen häufig sehr schnell um was es dabei geht, unter anderem weil sie sehr sanftmütig und intelligent sind. Stadtleute verbringen oft viel Zeit mit dem Photographieren der bunten Longhorns, was wiederum den Besitzer des Tieres freut und stolz macht.

Künstliche Rassen

Die moderne Rinderproduktion ist stellenweise sehr weit abgekommen von den erprobten, ökonomisch sinnvollen Eigenschaften der TLH. Zahlreiche Rinderleute beklagen, daß manche Rassen zu groß, zu fett oder nicht leichtkalbig genug sind, aber auch daß ihnen Langlebigkeit und Krankheitsresistenz fehlen. Um diese Entwicklungen zu korrigieren werden neue, künstliche Rassen (sog. Gebrauchskreuzungen) mit Hilfe von TLH gezüchtet: "El Monterey", "Salorn" und "Geltex" sind schon etabliert, an anderen wird noch gearbeitet.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Das fehlende Fett bei den TLH, das sie einmal fast an den Rand des Aussterbens gebracht hat, wird jetzt als eine der stärksten Eigenschaften dieser Rasse betrachtet. Gesundheitsbewußte moderne Ernährungswissenschaftler verdammen durch die Bank den massiven Fettgehalt des gewöhnlichen Rindfleisches und unterstützen aus vollem Herzen den Verzehr von weniger Fett und Cholesterin wie es TLH-Fleisch bietet.

Das Rind der Zukunft!

Untersuchungen der Oregon State University haben gezeigt, daß TLH-Rinder äußerst unempfindlich gegenüber Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea) sind, einer Pflanze die weite Bereiche Nordamerikas und Europas besiedelt und eine Gefahr für Wiederkäuer und Pferde darstellt. Die Iowa State University hat herausgefunden, daß Texas Longhorns so gut wie nicht anfällig für die "normale" Rindertympanie (Pansenaufgasung) sind. Die sprichwörtliche Immunität gegen die infektiöse Keratokonjunktivitis (ansteckende Bindehautentzündung), eine weitere kostenintensive Erkrankung, ist ebenfalls gut dokumentiert.

 

siehe auch Originalartikel in der ITLA