Milch, Fleisch ...

Milch und Fleisch - sonst nichts?

Rinder können mehr als Milch und Fleisch!

Rinder wurden schon in grauer Vorzeit zum Transportieren von Lasten benutzt; es gibt Felszeichnungen aus der Sahara von Ochsen die geritten wurden aus einer Zeit weit vor Christi Geburt. In einem Lexikon der Armée Francaise Nationale (etwas nach unten scrollen) gibt es ein Bild von einer Felszeichnung die Henri Lhote 1956 auf einer Expedition entdeckte. Schon vor 7000 A.C. wurden Rinder in der Sahara intensiv genutzt. Weitere Felszeichnungen aus Nordafrika und dieser Zeit (u.a. gerittene Rinder) können hier angesehen werden.

Auch im asiatischen Bereich gehört der Lastentransport auf dem Rücken eines Rindes bzw. das Reiten eines Rindes von Alters her zu den Selbstverständlichkeiten. Ein Bild aus den Dongba-Manuskripten der Naxi (im Unesco-Programm „Memory of the World“). Das Naxi-Königreich erlebte seine Blüte vom 8.Jahrhundert bis 1724, als das Volk unter direkte chinesische Herrschaft kam. Im zentralasiatischen Hochland werden bis zum heutigen Tag Yaks (Bos mutus) geritten und müssen Lasten wegen des unwegsamen Geländes auf dem Rücken transportieren. Dabei bewegen sie sich in großer Höhe und werden trotz dieser Arbeitsbelastung z.T. 20 Jahre alt und älter. Ihre langen Haare werden versponnen, zu Stoffen und zu Seilen verarbeitet. Der Dung wird als Bau- und Heizmaterial genutzt. Wasserbüffel (Bubalus arnee) sind auch heute noch intensiv in der asiatischen Landwirtschaft integriert; sie dienen unter dem  Joch im Reisfeld und zum Lastentransport, werden aber auch hoch beladen mit Fracht und geritten. In Südamerika, Brasilien dienen Wasserbüffel einer berittenen Polizeistaffel als Reittiere, weil sie besser geländetauglich sind als Pferde oder Wagen.

Aus Norditalien gibt es eine Ochsengeschichte aus dem Jahre 1493: damals - im Februar - herrschte zum 3. Mal Krieg zwischen den Städten Mailand und Venedig. Es ging um den Gardasee, in der Mitte gelegen und bis dahin von den Mailändern beherrscht. Das war den Venezianern ein Dorn im Auge, wollten sie doch ihre Handelsrouten ausweiten und hatten nur Zugang zu einigen Häfen auf der Ostseite des Sees; den einfachen Weg über den Po, dann den Minicio nordwärts bis in den Gardasee hatten die Mailänder mit einem Staudamm versperrt. Was tun? Die Lösung war damals schon so Aufsehen erregend, daß sie bis heute in den Geschichtsbüchern steht. Venedig entschloß sich seine Kriegsschiffe (25 Kriegsbarken und 6 Galeeren) auf der Etsch nach Norden und dann zum Teil zerlegt von Mori quer über den Passo San Giovanni, durch den heute trockenen Lago di Loppio nach Nago zu verfrachten. Über diesen Pass wurden die Schiffe von 2000 Ochsen auf Rollen aus Baumstämmen gezogen. In Nago wurden die Schiffe letztendlich über die Steilwände nach Torbole abgeseilt und wieder zu Wasser gebracht. Man bekommt vielleicht ehr eine Vorstellung von der Leistung wenn man weiß, daß eine venezianische Galeere 50m lang und 6m breit war, 2 Masten hatte und 50 Ruderern Platz bot. Außerdem war das Vorhaben innerhalb 2 Wochen abgeschlossen und brachte den Venezianern den erwünschten Erfolg.

Der Carroccio von Legnano, ein Historiengemälde von Amos Cassioli (1832–1891).
Der Carroccio von Legnano, ein Historiengemälde von Amos Cassioli (1832–1891) / Wiki Commons

In Italien waren Carroccios mittelalterliche, von Ochsen gezogene 4-rädrige Triumphwagen, die die Standarte der jeweilig am Krieg beteiligten Stadt bzw. Republik mit einem Altar durch das Schlachtgelände zogen. Priester konnten darauf ihre Andacht vor der Schlacht halten und die Soldaten anfeuern. Dieser Wagen wurde von den mutigsten Kriegern verteidigt und fiel er dem Gegner in die Hände, galt das als Schmach. Heute noch wird ein solcher Wagen im Umzug vor dem Palio  (Pferderennen) in Siena, Toskana gefahren.

Rinder wurden/werden im europäischen Bereich also seit Jahrhunderten vor primitive Lastschlitten und Ochsenkarren gespannt; im Winter über die Alpen auch direkt beladen. So gibt es einen Reisebericht vom März 1401 von Adam de Usk, einem Chronisten aus Oxford, der den Gotthard-Pass auf einem von Ochsen gezogenen Schlitten überquerte.

Bis nach dem 2. Weltkrieg fiel ihnen eine wichtige Rolle im Ackerbau und Transportwesen in der Landwirtschaft zu. Die Milchkuh war  d a s  Multipurpose-Tool der kleinbäuerlichen Landwirtschaft schlechthin. Neben Milch und einem Kalb jährlich wurde auch ihre Arbeitskraft geschätzt und genutzt. Ochsen blieben für die größeren Betriebe, wurden in den Kleinbetrieben angelernt und dann zur neuen Feldarbeitssaison verkauft. Mit dem Aufkommen von Traktoren verfiel das Wissen um die Arbeit mit Rindern zunehmend und es wurden seitdem praktisch keine wissenschaftlichen Untersuchungen mehr in diesem Bereich getätigt. Auch Zuchtwertschätzungen bzgl. der Arbeitsleistung blieben aus.

 

Leicht übersieht man, worin sich Produkte vom Rind überall verstecken:

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