Hemmschuhe

Hemmschuhe, Radschuhe

Eine der vielen Möglichkeiten einen eisenbereiften Wagen zu bremsen ist der Hemmschuh. Nach der heutigen Straßenverkehrs-Zulassungsordnung ist er ein reines Hilfsmittel, welches nur zum Einsatz kommen darf, wenn die Wagen-eigenen Bremsen nicht ausreichen.
Wie funktioniert der Radschuh? Physiker sprechen von Gleitreibung (im Gegensatz zu Haftreibung) wenn es um die Überlegung geht warum hier 2 Flächen aneinander überhaupt bremsen. Die passende Formel dafür lautet:

(Gleit-)Reibungskraft = Reibungskoeffizient x Normalkraft

FR/G = µG x FN                

Der Reibungskoeffizient ist immer unterschiedlich von den beiden betroffenen Flächen abhängig, von deren Oberflächenstruktur, aber auch davon ob sie naß, trocken oder verölt sind. Je größer dieser Wert, desto höher die Bremswirkung. Die Normalkraft tritt senkrecht zu diesen Flächen auf, entspricht in unserem Fall der Radlast. Sie ist identisch mit dem  entsprechenden Gewicht auf dem eingehemmten Rad. Auch hier gilt: je schwerer desto besser die Bremswirkung. Überraschender Weise kommt in dieser Formel keine Größe der Auflagefläche vor, was für die Praxis bedeutet, es ist egal wie groß der Radschuh ist, es ändert seine Bremswirkung nicht.

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Hemmschuh mit Verschleißbrett für Coach (Wieland'scher Hemmschuh)

Hemmschuh für eine Roadcoach hinten rechts, erkennbar an dem schrägen Kettenansatz; mit dieser Kette ist er mittig am vorderen Achsstock befestigt und würde, wenn die seitliche Versetzung vorn am Hemmschuh nicht wäre, deswegen schräg vor dem Rad zu liegen kommen. Als Brett wurden Weichhölzer (Birke, Fichte, Tanne, Pappel) benutzt. Ein noch stärkerer Bremseffekt entsteht durch das Streuen von Sand vor dem so eingelegten Radschuh oder durch Benutzung des äußersten (rechten) Wegesrandes, wo von Haus aus mehr Split liegt. Diese Steinchen verkeilen sich im Holz. Diese Art Bremsschuh findet ihre Nutzung hauptsächlich auf Asphaltstraßen.

Hemmschuh mit Eiskratzer / Eisreißer / Eisring für Coach

Hemmschuh von einer Roadcoach für hinten links; mit dieser Zuordnung läßt sich vermuten, daß er in England (Linksverkehr) hergestellt wurde. Gebremst wird auch so immer nur ein Rad und zwar hinten auf der Grabenseite des Wagens. Ferner ist es unerläßlich, auf dieser Achsseite genug Gewicht zu haben. Bei manchen dieser Eisreißer sind die Stollen ähnlich denen an Hufeisen austauschbar. Hier sind sie fest verschweißt. Diese Art Hemmschuh für eisige Winterstraßen ersetzt Eisketten oder -ringe, besonders letztere lassen das Fuhrwerk seitlich rutschen was auf schmalen Straßen oder gar im Gebirge schnell zu einem Unfall führt.

Hemmschuh mit Eiskratzer

Gerader, schmaler, langer Hemmschuh; je kürzer der Radstand des Wagens desto schräger kommt dieser Hemmschuh vor dem Hinterrad zu liegen. Es mag aber auch von der Befestigung am Wagen abhängen: manche dieser Schuhe werden mit ihrer Kette nicht an der Vorderachse sondern am Langbaum oder gar am Wagenkasten befestigt. Die Länge dieses Radschuhs läßt ihn leichter über Unregelmäßigkeiten der Straße hinweggleiten, auch macht es ihn seitlich spurtreuer, nicht ganz unwichtig auf den alten Straßen die zum Rand hin abfallen. Eben dieses Problem ist auch der Grund warum immer nur ein Rad der Hinterachse so eingebremst wurde, die normal an den Wägen vorhandenen Schleifbremsen wirken immer gleichzeitig auf beide Räder - und sollten nie blockieren.

Hemmschuh aus Schernau, Franken

Sehr schwerer, stabiler, großer Hemmschuh aus Schernau in Franken; das Teil ist leicht angeschrägt gearbeitet für einen Gebrauch hinten rechts. Dieser Radschuh ist knapp 45cm lang, 5,5cm breit und mit einer ursprünglichen Sohlendicke von 1,7cm. Nach hinten ist diese Sohle auf 0,5cm verdünnt, abgeschliffen. Vorn ist daraus eine Öse geschmiedet für den Verbindungsring an die Haltekette. Dieser Ring hat einen Durchmesser von 8cm und besteht aus 1,5cm dickem Eisen. Im Abstand von 9cm nach hinten sind die seitlichen Aufzüge angebracht, beide 7cm lang, 0,5cm dick und 5,5cm bzw. 6cm hoch. Es ist quasi ein U-förmig geschmiedetes Eisen welches auf der Radschuhsohle mit 2 Nieten angebracht ist. Oben haben die nebeneinander liegenden Nietenköpfe einen Durchmesser von 2,5cm, auf der Unterseite der Sohle 1cm. Dieser Hemmschuh wiegt 2,7kg.

Hemmschuh aus Neudrossenfeld, Franken

Überraschend kleiner Hemmschuh aus Neudrossenfeld, Oberfranken mit Befestigungskette für eine Verbindung zum Wagen. Seine Länge beträgt nur knappe 21cm, die Breite 4cm und von oben betrachtet läßt sich diskret eine Anschrägung erkennen. Diese würde den Hemmschuh hinten links platzieren was überrascht, außer er gehörte zu einer englischen oder österreichischen Kutsche. Die beiden seitlichen Aufzüge sind unterschiedlich groß: der "innere" 4cm, der "äußere 4,5cm lang. Die Original-Sohle ist stark abgenutzt und damit hinten sehr flach, deswegen wurde darunter eine 1cm dicke Ersatzsohle aufgeschmiedet. Sie ist am vorderen Ende des Hemmschuhs angeschrägt und läuft im Bogen vom Kettenansatz aus. Eine runde Öse am Schuh hält den Ansatzring (längsoval, 7cm x 5cm, Materialstärke 0,7cm) für die Befestigungskette, der gleichzeitig der Aufhängung am Wagen bei Nichtgebrauch dient. Ein geschlossen geschmiedeter Haken bildet die Verbindung zu besagter Eisenkette, deren 14 Glieder sehr unterschiedlich ausgebildet sind. Einige dieser Ringe sind verbogen und waren offenbar massiven Einwirkungen ausgesetzt.

nachlaufender Hemmschuh

Dieser Hemmschuh wird mit einer Kette von einem Haken vorn am Wagen mitgezogen und läuft frei hinter dem Rad mit. Bleibt der Wagen auf einer Steigung stehen kann er nicht rückwärts wegrollen, erleichtert das Halten für die Zugtiere enorm.